Hauskrankenpflege in Zeiten von COVID-19

Hauskrankenpflege in Zeiten von COVID-19

Kleine Personaldecke, Einsatzkräfte konstant an der Grenze der Belastbarkeit – die Pandemie hat bestehende Probleme weiter verschärft. Im Bild Barbara Waldner, Pflegefachaufsicht Diversity Care Wien

Die Coronakrise trifft auch den Pflegebereich hart. In den vergangenen sechs Monaten haben sich die Herausforderungen weiter zugespitzt. Besonders betroffen ist der Bereich der Hauskrankenpflege, in dem die Pflege- und Betreuungspersonen noch höheren Belastungen als im stationären Bereich ausgesetzt sind. Sie leisten seit dem Ausbruch der Pandemie Außerordentliches.

Als besonders heikel erweist sich die Pflege und Betreuung von Menschen aus vulnerablen Gruppen, die bei der Pflegeorganisation Diversity Care Wien im Fokus stehen. Zusatzfaktoren wie HIV, Sucht oder psychische bzw. psychiatrische Diagnosen erschweren in diesen Zeiten den Pflegealltag. So finden viele Einsätze bei Menschen mit Vorerkrankungen und einem geschwächten Immunsystem statt. Es darf zudem nicht in Vergessenheit geraten, dass etwa Personen mit HIV und nachweisbarer Viruslast ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-Krankheitsverlauf haben. „Die Kombination aus Corona, HIV, psychiatrischen Diagnosen und vielfach fehlender Compliance der Betroffenen führt im Rahmen der Pflegeeinsätze zu einem erheblichen Mehraufwand“, sagt Barbara Waldner, Pflegefachaufsicht von Diversity Care Wien.

„Je länger die Pandemie anhält, desto mehr stellt sich die Frage, wie die Diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger*innen und Heimhelfer*innen das durchstehen sollen. Sie arbeiten bei einer kleinen Personaldecke konstant an ihrer Belastungsgrenze – und teilweise darüber hinaus“, sagt Beate Dannoritzer, Geschäftsführerin von Diversity Care Wien. Lobend erwähnt sie die gut funktionierende Versorgung mit Schutzmaterialien in der Stadt Wien durch die MA70 sowie die vielfältigen Unterstützungsleistungen durch den Fonds Soziales Wien.

Personaloffensive und Flexibilisierung nötig

Weitere dringend nötige Verbesserungen für das Pflegepersonal dürfen in Zeiten der Pandemie nicht vernachlässigt werden. In einer Gesellschaft, die älter und diverser wird und in der sich die Pflegebedürftigkeit vervielfältigt, ist ein massiver Personalaufbau notwendig. Dieser kann durch eine Erweiterung und Flexibilisierung des Ausbildungsangebots und stärkere Anreize für das Berufsbild der Pflege erfolgen. Lobende Worte seitens der Politik sind zu wenig. Wichtige Schritte wären dem Geleisteten entsprechende Gehaltsstrukturen und eine höhere Kompatibilität der Pflegetätigkeit mit der Lebens- und Familienplanung. Zudem bedarf es an Angeboten zur Entlastung, Regeneration und Erholung.

Bereits 2018 kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz, damals noch in der Koalition mit der FPÖ, einen „Masterplan Pflege“ als Startschuss für eine Reform des Pflegesystems an. Auch die aktuelle Regierung erklärte die Pflegereform zur Priorität. Sozialminister Rudolf Anschober kündigte in diesem Sommer an, dass die Eckpfeiler der Reform bis zum Jahresende stehen sollen. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Plan eingehalten werden kann und dass die angekündigten Maßnahmen zur Umsetzung kommen.

Fördergelder unabdingbar

Um einen weiteren Ausbau der Pflegeorganisation stemmen zu können, sind für Diversity Care Wien weiterhin zusätzliche Förderungen unabdingbar. Die aufgrund des Ausfalls des Life Balls zugesagte Ersatzförderung durch die Stadt Wien ist in einer finanziell und personell angespannten Situation extrem hilfreich. Die Bemessung der Höhe an der 2018 für Diversity Care Wien bereits stark gekürzten Fördersumme entspricht jedoch nicht mehr der aktuellen Situation im Arbeitsbereich HIV und AIDS in Wien. Die Unterstützung von Menschen mit HIV/AIDS hat sich aufgrund ihres steigenden Alters in Richtung Pflege- und Betreuungsleistungen verschoben. Diese werden verstärkt in Anspruch genommen. 
 

Quelle: Simon Nowak, Bakk. phil. Öffentlichkeitsarbeit / ots  //  Fotocredit: Niko Havranek

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