Klinger: Hohe Lohnnebenkosten belasten Wirtschaft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit
In der kürzlich veröffentlichten OECD-Studie beträgt die weltweite durchschnittliche Abgabengesamtbelastung des Faktors Arbeit für den Dienstgeber und -nehmer 36 Prozent. Dieser Durchschnittssatz wurde für eine alleinstehende Person ohne Kinder unter Berücksichtigung von Steuerbegünstigungen auf Basis eines Durchschnittseinkommens für das Jahr 2019 berechnet. Die steuerliche Gesamtbelastung für den durchschnittlichen Arbeitnehmer bewegte sich 2019 zwischen mehr als 45 Prozent (Frankreich, Österreich, Italien, Deutschland und Belgien) und weniger als 20 Prozent (Neuseeland und Chile).
Österreich liegt auch nach Senkung der Lohnnebenkosten mit seinen 43,8 Prozent an der vierten Stelle der Ländern mit den höchsten Lohn- und Lohnnebenkosten weltweit. Das belastet die Wirtschaft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit, bemerkt Anette Klinger, Steuersprecherin der Sparte Industrie in der WKO Oberösterreich.
Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie haben viele Länder eine Reihe von steuerlichen Maßnahmen für die Entlastung des Faktors Arbeit eingeführt. Die Reduktion des ersten Einkommensteuersatzes von 25 auf 20 Prozent bewertet Klinger positiv als ersten Schritt in die richtige Richtung, zumal die letzte echte Tarifsenkung vor über vier Jahre stattgefunden hat. Allerdings bleibt Österreich mit dieser Maßnahme alleine weiterhin am Ende der Gruppe der Hochsteuerländer. Die Kaufkraft konnte mit dieser Senkung nicht gesteigert werden. Die 5-prozentige Tarifsenkung wird von der kalten Progression aufgefressen. Zusätzlich leidet die Wirtschaft darunter, dass aus Angst vor einer neuerlichen Krise gespart und kein Geld ausgeben wird. Das wird durch jüngste Eurostat-Zahlen belegt. Obwohl das reale Pro-Kopf-Einkommen der privaten Haushalte im Euro-Raum im ersten Quartal 2020 um 1,1 Prozent gestiegen ist, sank der reale Pro-Kopf-Konsum im gleichen Zeitraum um 3,0 Prozent.
Um den privaten Konsum kurzfristig zu stimulieren, ist es daher erforderlich, auch die Senkungen der zweiten Stufe (35 auf 30 Prozent) sowie der dritten Stufe (42 auf 40 Prozent) schneller umzusetzen als ursprünglich im Regierungsprogramm geplant. Will man den Faktor Arbeit jedoch generell spürbar entlasten und Österreich vom Schlusslicht in das OECD-Mittelfeld bringen, ist aus Sicht von Industrie-Steuersprecherin Klinger eine Kombination aus einer Reduktion der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnsummenabgaben sowie einer Tarifsenkung notwendig. Die Sparte Industrie der WKOÖ fordert daher das Vorziehen der Tarifsenkungen sowie eine Senkung der Lohnnebenkosten bei allen Arbeitnehmern auf das durchschnittliche OECD-Niveau.
Quelle: WKOÖ // Fotocredit: Symbolfoto